Sonntag, 17. Juli 2016

In die Welt der Maya: Tulum - Cobá - Calakmul


Ich war unter vielem anderem auch nach Mittelamerika aufgebrochen, weil ich schon immer mal vor und auf einer Maya-Pyramide im dichten Dschungel stehen und Staunen wollte. Und das wollte ich mir auch jetzt trotz Heimweh und Mangel an Gesellschaft nicht nehmen bzw. sein lassen. 


Mein Atem reichte diesmal vielleicht nicht für ganz Mexiko, aber die Mayastätten in Yucatán wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Ich entschied mich gegen die großen und von Besuchern überlaufenen Ruinen von Chichén Itzá und machte mich auf den Weg nach Tulum, um dort mit einer kleineren, am Meer gelegenen Stätte zu starten.




Das besondere an dieser Maya-Ansiedlung ist die für die Maya-Kultur seltene Bauweise des „Tempel des Windes“ (spanisch "Templo del Dios del Viento"). Er wurde auf einem Hügel direkt am Meer errichtet. Vermutlich zelebrierten hier die Mayas die Anbetung des Windes. Außerdem diente diese Stätte zur Beobachtung des Sternenhimmels, insbesondere der Venus. Der Maya-Kalender wurde an solchen Plätzen erstellt und ständig überprüft. Kleine Fensteröffnungen zeigen noch heute die Ausrichtung und Weiterleitung von Sonnenstrahlen zur Sommer- und Wintersonnenwende.






Faszinierend. Und unfassbar. Ich stand vor diesen alten Steinen und versuchte mir vorzustellen, wie es hier früher ausgesehen hat. Wie es sich angehört hat. Der Großteil der Ruinen, die wir heute bestaunen können, sind zu religiösen Zwecken erbaut worden, für Rituale, zur Anbetung der vielen Gottheiten und Opferdarbringungen. Häuser für Könige und Priester. Das gewöhnliche Volk lebte außerhalb dieser edlen Siedlungen in einfachen Behausungen. Da diese nicht aus Stein erbaut waren, sehen wir davon heute kaum etwas.


Und da über die Jahrhunderte die nach und nach verlassenen Mayasiedlungen von Dschungel überlagert wurden, sind viele Bauten auch erst spät (im letzten Jahrhundert) entdeckt worden. Und sicher bis heute noch immer nicht alle. 


Der Herabsteigende Gott
Die Maya existieren im Gegensatz zu vielen anderen indigenen Völkern noch heute. Die mittlerweile weitgehend entzifferte Schrift, die an die ägyptischen Hieroglyphen erinnert, war bis zur Ankunft der Spanier das einzige bekannte entwickelte Schriftmedium in Amerika. Und eine Minderheit spricht auch noch Maya (es gibt natürlich viele verschiedene Maya-Sprachen). Inzwischen gibt es bilinguale Schulen, um die alte Sprache wieder aufleben zu lassen. Ich begegnete einem jungen Kellner, dessen Muttersprache Maya ist und der Spanisch erst in der Schule lernte. Er erzählte in seinem Dorf sprechen viele Maya und Spanisch sei dann die erste Fremdsprache. Es klingt schön, eine musikalische Sprache mit vielen Zisch-, Klick-  und Knacklauten.



Von Tulum aus machte ich mich ein paar Tage später auf den Weg ins etwa 40 Kilometer entfernte  Cobá, eine weitere alte Zeremonienstätte der Maya. In der Blütezeit der Maya war Cobá eine der größten Mayastädte in Yucatán - allerdings war sie aus bis heute noch unbekannten Gründen bei der Ankunft der Spanier bereits verlassen. Eine Theorie für das Verlassen der Städte sei eine lange Dürreperiode gewesen, berichtete mir ein Guide. Nach über zehn Jahren ohne Regen verließen viele Mayas die Siedlungen, um woanders zu überleben.



Mobil durch die Ruinen - zu Fuß oder Radeln. Oder radeln lassen ...

Besonders in Cobá sind die über 20 Sacbeob (Sacbé = Weißer Weg, von Mayathansac = „weiß“,  = „Weg“, Sacbeob = Pluralgemauerte Wege, die erhöht über dem Gelände verlaufen und weiter entfernte Teile der Siedlung verbinden. Eine der Straßen führt rund 100 Kilometer nach Westen bis zur Mayastadt Yaxuná südlich von Chichén Itzá.


Typischer Ballspielplatz - die Regeln sind bis heute unbekannt.
Wahrscheinlich wurden auch diese zur Verehrung der Götter  und zu kultischen Ritualen durchgeführt. 

Erklärungstafel in Maya (Mayathan)
Nohoch Mul-Pyramide in Cobá mit einem Ritualraum auf der Spitze, 
der von den Priestern vermutlich für Blutopfer an die Götter verwendet wurde
42 m hoch  - 120 Treppenstufen


Sturheit gegen Höhenangst - geschafft!
Zum Abstieg holte ich mir mentale Unterstützung ...

Nach Tulum und Cobá wollte ich unbedingt noch nach Calakmul, eine der größten jemals entdeckten Maya-Städte. Vergleichbar mit Tikal in Guatemala (zwischen beiden gab es zu Hochzeiten auch heftige Konkurrenz und allerhand Krieg). Ich traute mir keine Alleinreise im Mietwagen in die abgelegene Gegend mit unberechenbaren Straßen zu, Touranbieter von Tulum oder aus der Nähe existierten nicht. So machte ich mich auf die Reise nach Campeche, um von dort aus ins 300 Kilometer südöstlich liegende Calakmul zu gelangen. Denn dort fand ich eine Agentur, die mich dorthin bringen konnte. Wo ein Wille ist … 

Emblemglyphen sind die Stadtwappen der großen Maya-Städte
Hier ein Schlangenkopf - die wörtliche Übersetzung Calakmuls ist „Schlange“


Durch die abgelegene Lage von Calakmul waren hier nur wenige Besucher unterwegs. Ich hatte das Gefühl, hier waren die alten Mauern, Plateaus und Pyramiden noch Teil des Dschungels, aus dem man vor noch nicht allzu langer Zeit erst all die Ruinen entworren hat. Und es ist noch lange nicht alles entdeckt, ausgegraben oder frei gelegt und erforscht. 

Zeitung von damals: auf den sogenannten Stelen wurden wichtige Ereignisse "vermerkt".
Leider sind sie heute kaum noch entzifferbar,
da der verwendete Kalkstein eine relativ geringe Qualität besaß.


Howler Monkey im Mittagschlaf


Hauptpyramide Calakmuls - etwa 45 Meter ...



Es gibt immer noch reichlich offene Fragen zum Leben und Wirken der Mayas. Beginnend mit den Regeln der Ballspiele bis zu den Gründen für das Verlassen all ihrer Ansiedlungen. Wie beruhigend, dass wir aus unserem hochtechnisierten modernen Zeitalter nach wie vor nicht alles ergründen können. 
Und wären die Spanier nicht über den amerikanischen Kontinent hergefallen, wer weiß, welche Geschichte wir heute schrieben … ?


















Freitag, 15. Juli 2016

Ein Tag Contoy

Natürlich ist es toll, keine Pullover und keine Socken tragen zu müssen. Jeden Tag auf ein türkisfarbenes Meer blicken zu können. Abende endlos draußen zu verbringen, ohne auch nur einen Gedanken an ein Frösteln. Tagein tagaus nur barfuß herumzulaufen, in Flip Flops oder ohne. Doch ich konnte nicht leugnen, dass ich frustriert war, hier irgendwie in einer Touristenfalle gelandet zu sein. Ich fühlte mich hier nicht wirklich wohl. Deshalb fielen ankommen, entspannen und einfach nur Dasein mir schwer. Ich war frustriert und schwankte jeden Tag zwischen Ausharren und Zelte abbrechen.
Eines Tages entschied ich mich also für einen Ausflug, einen Bootsausflug zur Isla Contoy. Mit Schnorcheln und Aufenthalt auf dem unbewohnten Natureiland nördlich der Isla Mujeres.



Dabei ahnte ich nicht, dass wir mit dem Boot zunächst einen Zwischenstopp am anderen Ufer machten. Nämlich in Cancun, um das Boot zu wechseln und mit einem Schwarm weiterer Touristen und einem größeren Schiffchen dann endlich Richtung Contoy abzulegen. Doch wider Erwarten fand ich unter den neuen Passagieren schnell Anschluss - zwei befreundete Mexikanerinnen, die zusammen einen Ausflug machten und mich wunderbar ansteckten mit ihrer Leichtigkeit, ihrer Lebensfreude und dem schlichten Vorhaben, einfach Spaß zu haben. Irgendwie hatte ich das inmitten meiner Alleinreiserei und dem innerlichen Rückzug seit Kuba verloren. Und so ließ ich mich von Shirley und Magda mitziehen und konnte mit den Beiden ausgiebig auf Spanisch sabbeln, mit den mexikanischen Bootsjungs herumalbern und Chelada trinken. Wir hatten schnell einen der mexikanischen Guides mit im Boot, Javi, zuständig für die Übersetzung aller Ansagen für die deutschen Touristen an Bord. Für den Spaß bei der Arbeit gesellte er sich offenbar gern zu uns.


Nach einem chaotischen Zwischenstopp zum Schnorcheln - zu viele Menschen am selben Ort - fuhren wir scheinbar endlos unter klarem Himmel und brennender Karibiksonne über türkises Wasser. Ich musste über mich selber schmunzeln - nach meinem anfänglichen Widerwillen gegen diese "Touristennummer", an der ich hier teilnahm, saß ich nun hier und genoss plötzlich und unerwartet  Leichtigkeit und Fröhlichkeit. Etwas, das ich mindestens genauso dringend brauchte, wie den sogenannten Urlaub vom Urlaub. Ich war einfach zu lange alleine unterwegs und hatte aus den Augen verloren, wie sehr das doch dazu gehört. Zum Reisen, zum Leben.