Sonntag, 10. Juli 2016

Ankunft in der Zwischenwelt - Stippvisite in Cancun

Cancun ist nicht Mexiko. Dieses aus fremdem Sand gegossene Alternativparadies zu Acapulco präsentiert sich als kilometerlange Hotel-Skyline vor türkisfarbenem Ozean. Ein künstlich erschaffenes Paralleluniversum, Urlaubsindustrie pur. Mich interessierte nur eines an diesem bis zur Perfektion durchdachten Tourismusdenkmal: ich wollte mich hier neu mit den Dingen ausstatten, die mir an Havannas Stränden leider abhanden gekommen waren.

In diesem überdimensionierten Angebot an Versorgung, Infrastruktur und Konsum würden sich hoffentlich leicht ein neues Mobiltelefon, ein passabler Wanderrucksack, eine anständige Sonnenbrille und eine aktuelle Lonely Planet-Ausgabe für Mexiko finden lassen. Dachte ich.


Blick auf Cancuns Zona Hotelera vom Karibischen Meer aus

Ich war in einer schwer zu beschreibenden Stimmung, als ich nach Mexiko flog. Ein Chaos an Gefühlen rührte in mir, der Abschied von meiner lieben Freundin auf dem Flughafen in Havanna war nach vier Wochen gemeinsamen Reisens durch Kuba mehr als merkwürdig. Eigentlich war es dramatisch. Da flog meine Freundin zurück nach Hause, in meine vertraute Welt. Und ich blieb zurück, um in den Flieger nach Cancun zu steigen. In eine fremde Welt, von der ich nicht wirklich wusste, was ich grade jetzt von ihr wollte.

Iguanas - eine alltägliche Begegnung

Zum einen vermisste ich nach vier Monaten Reisen vor allem Vertrautes. Freunde, Familie. Routine, in die man sich zurücklehnen kann. Und außerdem gestand ich mir - zögerlich zwar und nicht ohne innere Widerstände - eine nicht mehr zu leugnende Erschöpfung ein. Anfangs schien mir der Gedanke vollkommen absurd, dass Reisen anstrengend sein könnte. Dass ich viel mehr meiner Energie verbrauchen könnte, als das Erleben und Entdecken der Fremde mir schenken würden.

Stetes Planen der nächsten Etappe, Organisieren der Bus- und Flugtickets, Verhandeln der Taxipreise, Finden einer günstigen Unterkunft. Entscheidungen treffen und in die Tat umsetzen. One-woman-company. Jeder Tag ist neu, fremd, Überraschung. Vor lauter Achtsamkeit geriet ich in einen Zustand unaufhörender Angespanntheit. Wie sehr, spürte ich erstmals in Cancun.

Unsicherheit machte sich in mir breit, als ich merkte, wie wenig Kraft und Leidenschaft ich noch für mein neues Ziel Mexiko übrig hatte. Ich begann mich zu fragen, was ich hätte anders machen müssen, um das Reisen genauso aufregend und faszinierend wie zu Beginn erleben zu können.


Der Verlust jeglicher Leichtigkeit lähmte mich. Warum jetzt die Bremse, das ist doch schließlich mein Jahr?! Doch langsam begann ich zu verstehen, dass ich vielleicht tatsächlich eine kleine Pause brauchte. Dass es mal wieder Zeit war für einen längeren Aufenthalt an einem Ort. Zeit zum Ankommen, Verdauen und zur Ruhe kommen. Innehalten. So etwas wie Urlaub ...

Doch von meinem Plan, mich in diesem unattraktiven Ballungsapparat zügig um die Wiederbeschaffung von Handy und anderen Reiseutensilien zu kümmern, ließ ich mich nicht abhalten. Dass ich tatsächlich alles innerhalb eines Tages beschaffen konnte lag nicht zuletzt an meiner zielgerichteten unerschütterlichen Willenskraft. Aber unerwartete und wohltuende Unterstützung waren vor allem die Einheimischen.

Ohne Landkarte verloren: Shopping Village in der Hotelzone Cancuns

All die Mexikaner, die ich nach Einkaufsmöglichkeiten, Fachgeschäften und Busverbindungen ausfragte, die mir mit unendlicher Geduld und echter Freundlichkeit in schönstem klaren Spanisch unermüdlich Auskunft und Hilfe anboten. Nach Kuba ein emotionales Schlaraffenland, in dem ich mich trotz angespannter Gemütslage, Fremdsein und gewöhnungsbedürftiger Umgebung so gut zurecht finden konnte. Dafür war ich unendlich dankbar.

Der Neue. Rares Gut in Mexiko: ein Wanderrucksack! 












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