Freitag, 30. Dezember 2016

Verabredung mit dem Tod: Pashupatinath Tempel in Kathmandu


Eine Frau steht im Fluss, in ihrem Sari, das Wasser reicht ihr bis knapp zu den Hüften. Sie watet durchs Wasser, den Opferschalen für die verstorbenen Seelen entgegen. Sie klaubt aus einer der Schalen eine Banane heraus, hebt die Schale aus Bananenblättern hoch und kippt das eingelaufene Wasser ab. Sie setzt die Schale wieder ins Wasser und das Opferkörbchen kann seinen Weg im Strom des Flusses fortsetzen. 

Berührend. Und befremdlich. Ich bin irgendwie schockiert. Ich weiß nicht, ob angesichts der Armut und Verzweiflung der Frau im Wasser, die Opfergaben aufzuessen. Oder dem mir respektlos erscheinenden Handeln der mit sich selbst sprechenden Gestalt im Fluss. Die Opfergaben sind doch für die Verstorbenen. Oder die Götter. Oder?

Ich merke, es ist nicht so sehr wichtig zu verstehen. Aber es ist interessant zu beobachten, was die Atmosphäre und das Verhalten der Menschen hier, an diesem heiligen Ort, bei mir auslösen. Auch Nahne äußert Unbehagen. Fremde Welt. Und wir haben plötzlich kein Gespür, keinen Anhaltspunkt, für das, was angemessen ist, oder nicht. Was darf ich, wie sollte ich mich verhalten? Der Moment, in dem Fremdsein einem auch das Gefühl von Verlorenheit vermitteln kann. Orientierungslosigkeit. Ich habe keine Angst. Aber ich bin unsicher und ich gehöre hier nicht dazu. Ich arrangiere mich nach einer Weile des Beobachtens und Herumschlenderns mit der achtsamen Distanz. Ich bin Besucherin. Mir sind diese Rituale fremd. Aber ich schaue gern zu. Weil ich neugierig bin, doch meine Neugier soll niemanden verletzen.


Hinter den Ufertreppen, an denen die Angehörigen ihre Opferschalen füllen und auf die Reise schicken, führt ein Weg bergan. An vielen Schreinen vorbei, vor denen einige Sadhus mit bemalten Gesichtern sitzen. So stelle ich mir Indien vor. Kühe und Ziegen laufen auf dem Tempelgelände umher. Den großen Shiva-Tempel dürfen ausschließlich Hindus besuchen. Wir erhaschen lediglich einen Blick in den Innenhof, in dem ein goldener Stier thront, Shivas treuer Begleiter.




Es ist ein heißer Tag und wir sind froh, dass unser Taxifahrer auch ein treuer Begleiter ist und uns an verabredeter Stelle erwartet. Zurück im Hotel wählt Bhai die Option Ruheoase Innenhof und ich schmeiße mich mutig ein letztes Mal in das Abenteuer Kathmandu, um noch reichlich Mitbringsel und eine Klangschale zu erwerben.

Am Abend geht es zum Flughafen. Nachdem die letzten Rupies verbraten sind, stehen wir lange plan- und ratlos in Gängen herum, da kein Gate für unseren Flieger von „Fly Dubai“ angezeigt wird. Aber auch das geschieht letztendlich. Und nach einem Zwischenstopp in Dubai und dem Genuss diverser Marvel-Verfilmungen an Bord der Emirates, landen wir irgendwann auf Hamburgs Asphalt.




Danke, Bhai!
Danke für diese Zeit mit Dir.
Ich habe einen wunderbaren Bruder.
Einen großen Bruder.
Jederzeit wieder.

In Liebe,

Didi.

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